Für die Umsetzung funkbasierter Bahnsysteme wird derzeit im Bahnbereich ein spezielles GSM-Mobilfunksystem (GSM-R) betrieben. Da der Standard technisch relativ alt ist, sollen zukünftig auch Anwendungen im neueren Mobilfunkstandard LTE prinzipiell möglich sein. Dafür sind reproduzierbare Interoperabilitätstest auf Software-Defined-Radio-Basis unter Laborbedingungen möglich und notwendig.
Konkret wurden im Beitrag verkehrstelematische Spezialfälle in Form von GSM-R und LTE-Interferenzuntersuchungen im Bahnbereich durchgeführt, zur Klärung der Frage, ob ein paralleler Betrieb der beiden Technologien in der Migrationsphase möglich ist. Dazu waren szenarienorientierte, signalspezifische Konstellationen unter Laborbedingungem im Rahmen eines leitungsgebundenen Versuchsaufbaus nachzubilden und hinsichtlich der beschriebenen Randbedingungen wie Channel Separation, Leistungspegel und Daten-Throughput zu bewerten.
Dipl.-Ing. Robert Richter - Technische Universität Dresden, Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List", Institut für Verkehrstelematik, Professur Informationstechnik für Verkehrssysteme
Dipl.-Ing. Alexander Wolf - Technische Universität Dresden, Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List", Institut für Bahnsysteme und Öffentlichen Verkehr, Professur für Verkehrssystemtechnik
Prof. Dr.-Ing. Oliver Michler - Technische Universität Dresden, Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List", Institut für Verkehrstelematik, Professur Informationstechnik für Verkehrssysteme
Für funkbasierte Informationsübertragungen im Eisenbahnbereich wird derzeit ein spezielles GSM-Mobilfunksystem (GSM-R) betrieben. Diese Technologie stößt vor allem in stark frequentierten Knotenpunkten an ihre Leistungsgrenzen. Zukünftig sollen deshalb auch Anwendungen im Mobilfunkstandard LTE ermöglicht werden. Zur Prüfung der Umsetzbarkeit dieser Technologiemigration, sind reproduzierbare Interoperabilitätstests unter Laborbedingungen notwendig. Der Beitrag befasst sich dazu mit ausgewählten Untersuchungen von LTE/GSM-R-Interferenzmessungen in dedizierten Frequenzbereichen unter Einsatz von NI-Komponenten. Dazu wird ein Versuchsaufbau einführend diskutiert, welcher als Komponenten für die Basisstationen der Mobilfunkstandards LTE und GSM-R sogenannte SDRs (Software Defined Radios) aus dem USRP-Produktbereich von NI verwendet. Als Störsignalgenerator kommt ein zugeschnittenes PXI-Record-&-Playback-System zum Einsatz, mit dem die Störsignale (LTE, GSM-R) synchron zweikanalig aufgezeichnet und als Generatorsignal wiedergegeben werden können. Anhand der speziellen Randbedingungen für LTE (Träger mit 1,4-MHz Bandbreite) und GSM-R im Bahnbereich werden ausgewählte Untersuchungsergebnisse vorgestellt.
Die Nutzung des mobilen Übertragungssystems GSM-R ist im Bahnbereich seit Mitte der 1990er Jahre als Bahnstandard gesetzt, wobei die Deutsche Bahn in Deutschland ein eigenes, nicht kommerzielles GSM-R-Mobilfunknetz betreibt. Hierbei werden vordergründig über Sprach- und Datenkanäle betriebliche Abläufe geregelt. Allerdings ist die Datenübertragungsrate auf Basis von GPRS im GSM-R stark begrenzt und entspricht nicht mehr den Anforderungen an einen modernen Bahnbetrieb. Um einerseits höherratige Datenverbindungen zu gewährleisten sowie anderseits Infrastrukturaufwände zu minimieren, überlegt die Deutsche Bahn, einen angepassten LTE-Mobilfunk im Bahnbereich einzuführen. Damit stellt sich die Frage, ob in der Migrationsphase ein paralleler Betrieb von GSM-R und LTE in den bahneigenen Frequenzbändern möglich ist und, wenn ja, unter welchen Bedingungen. Um diese Fragestellung zu beantworten, kann man laborseitig auf Basis passend gekoppelter Nutz- und Interferenzsignale zugeschnittene Messungen sowie Untersuchungen dazu durchführen. In diesem Beitrag wird der hierfür entwickelte Versuchsaufbau für solche Nutzsignal-Interferenzmessungen erläutert und diskutiert. Als SDR-basierte Signalkomponenten zur Basisstationsemulation für LTE und GSM-R werden NI USRPs verwendet. Als Störsignalgenerator wird ein NI-PXI-Record-&-Playback-System eingesetzt, mit dem man Störsignale (LTE, GSM-R) synchron zweikanalig aufzeichnen und dann kanalweise wiedergegeben kann. Damit lassen sich beliebige Pegelkonstellationen zwischen den Trägern bzw. Down- und Uplink-Frequenzblöcken einstellen, um die zugehörigen bahnbezogenen Messszenarien abbilden zu können. Darüber hinaus bildet auch der Frequenzabstand zwischen den interferierenden Systemen einen weiteren wichtigen Analyseparameter. Anhand der speziellen Randbedingungen für LTE (zulässiger Träger mit 1,4 MHz Bandbreite, 6 Ressource-Blocks) und GSM-R im Bahnbereich werden ausgewählte Untersuchungsergebnisse zu den Einsatzgrenzen eines Parallelbetriebs beider Systeme vorgestellt.
Prinzipiell besteht der laborseitige Messaufbau für die notwendigen Untersuchungen aus einem Nutzsignal in einem Nutzsignalpfad und einem Störsignal in einem Interferenzpfad. Dieses Störsignal wird direkt auf der Signalebene in den Nutzsignalpfad eingekoppelt und beeinflusst somit das Nutzsignal. Systemrelevant für die Untersuchungen sind jeweils die Up- und Downlinks für GSM-R und LTE. Diese sind nicht getrennt zu betrachten, sondern sind in ihren Leistungspegeln voneinander abhängig. Ursprünglich sollten für diese Untersuchungen alleinig NI-basierte Software Defined Radios als Basisstationen für GSM-R und LTE mit zugehörigen Endgeräten (bahneigene Mobiltelefone, LTE-Smartphones) auf der Client-Seite eingesetzt werden, um Signalkonstellationen leitungsgebunden untersuchen und bewerten zu können. Allerdings lassen sich mit den derzeitig eingesetzten Endgeräten für GSM-R die Up- und Downlink-Signale nicht ohne erheblichen Aufwand trennen. Somit ist ein leitungsgebundener Interferenzaufbau nicht realisierbar, da immer GSM-R-Up- oder -Downlink zusätzlich in die Signalpfade eingekoppelt sind, was die Interferenzuntersuchungen verfälscht. Für LTE würde prinzipiell dasselbe gelten, allerdings konnte hier im konkreten Fall ein NI USRP-2952R mit NI-LTE-Framework so angepasst werden, dass sowohl senderseitig als auch empfängerseitig die Up- und Downlink-Signalpfade getrennt verarbeitet werden konnten. Seitens der GSM-R-Basisstation (NI USRP-2920 mit einem speziell für GSM-R kompilierten OpenBTS-Code) lassen sich die Up- und Downlink-Pfade problemlos trennen.
Zur Problemlösung wurde ein NI-basiertes Record-&-Playback-System aus dem Forschungsbereich genutzt (Averna URT 3200), mit welchem zweikanalig synchron eine bestehende GSM-R Verbindung mit getrennten Up- und Downlinks aufgezeichnet wurde. Der zugehörige Messaufbau ist dabei mit Splittern und Combinern komplett leitungsgebunden ausgelegt worden (Bild 1). Dazu war eine Modifizierung des Antennenanschlusses beim eingesetzten GSM-R-Mobilfunkendgeräts notwendig.
Mit dem so geschaffenen Sachstand, nämlich die GSM-R-Up- und -Downlinks als separate Störsignale erneut signaltechnisch abzuspielen, konnte die in Bild 2 dargestellte Interferenzversuchsanordnung umgesetzt werden. Mit diesem Aufbau können nun Szenarien untersucht werden, bei denen GSM-R-Signalübertragungen eine bestehende LTE-Verbindung beeinflussen.
Für diesen Anwendungsfall sind variierende GSM-R-Störsignale hinsichtlich Leistungspegel und genutzter Frequenz untersucht worden. Dazu gehören gemäß Bild 3 ein LTE-„best case“-Szenario mit einer qualitativ sehr guten LTE-Verbindung sowie ein „worst case“-Szenario mit einer qualitativ schlechten LTE-Verbindung.
Hierzu wurden, ausgehend von der LTE-Bandkante, die in den Leistungspegeln variierenden GSM-R-Störsignale mit einer Channel Separation von ∆f = 0 kHz und auch die Varianten ∆f = 200 kHz und 400 kHz untersucht. Diese Werte liegen in der Bandbreite des GSM-R-Signals begründet. Tabelle 1 zeigt die dafür definierten Leistungspegel von Up- und Downlinks der LTE-Nutzsignale bezüglich der durchgeführten Untersuchungen.
Das nachfolgende Diagramm gemäß Bild 4 zeigt den Einbruch der LTE-Datenrate einer bestehenden LTE-Verbindung im „worst case“-Szenario (Szenario a), gemessen als Throughput in Mbit/s bei einer kontinuierlichen Erhöhung des GSM-R-Störsignalpegels (Channel Separation von ∆f = 0 kHz). Es ist deutlich zu erkennen, dass in diesem Fall beide Systeme bis zu einer Leistungspegeldifferenz von ca. 16 dB parallel betrieben werden können.
In diesem Beitrag wurde gezeigt, dass NI Software Defined Radios für Interferenzuntersuchungen im Mobilfunkbereich aufgrund ihrer vielfältigen Parametrierbarkeit bezüglich der Physical-Layer-Eigenschaften sowie der Protokollschichten gut geeignet sind. Konkret wurden im Beitrag verkehrstelematische Spezialfälle in Form von GSM-R und LTE-Interferenzuntersuchungen im Bahnbereich durchgeführt, zur Klärung der Frage, ob ein paralleler Betrieb der beiden Technologien in der Migrationsphase möglich ist. Dazu waren szenarienorientierte, signalspezifische Konstellationen unter Laborbedingungem im Rahmen eines leitungsgebundenen Versuchsaufbaus nachzubilden und hinsichtlich der beschriebenen Randbedingungen wie Channel Separation, Leistungspegel und Daten-Throughput zu bewerten.
Dipl.-Ing. Robert Richter
Technische Universität Dresden, Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List", Institut für Verkehrstelematik, Professur Informationstechnik für Verkehrssysteme
Hettnerstraße 1-3
01062 Dresden
Tel: +49 (0)351 463-3 68 42
Fax: +49 (0)351 463-3 67 82
robert.richter@tu-dresden.de