Überwachung, Datenerfassung und Visualisierung der Energieversorgung des Fusionsexperiments

Dipl.-Ing. Alexander Sigalov, Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung

"Die verteilte Systemarchitektur erhöht die Genauigkeit der Messung, macht die verschiedenen Systeme unabhängig voneinander und verbessert somit die Sicherheit der überwachten Anlagen. Die wichtigsten Funktionen der Überwachung (Messung, Filter, Berechnung, Steuerung) sind auf den FPGA ausgelagert."

- Dipl.-Ing. Alexander Sigalov, Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung

Die Aufgabe:

Für die Stromversorgung des Fusionsexperiments ASDEX Upgrade in Garching werden drei Schwungradgeneratoren mit einzelnen Kurzzeit-Leistungen von 140 MVA bis 260 MVA verwendet. Verschiedene Überwachungssysteme gewährleisten einen sicheren Betrieb der Generatoren. Um die Zuverlässigkeit und die Genauigkeit der Überwachung zu erhöhen, ersetzt ein neues, verteiltes Embedded-System von National Instruments die alte, auf Basis von konventioneller Elektronik funktionierende Überwachung.

Die Lösung:

Dabei werden Mess-, Digitalisierungs- und Verarbeitungssysteme näher an die Signalquelle gebracht. Die erfassten Signale werden lokal gespeichert, was das ganze System unabhängig von der Netzperformance stabilisiert. Für die Onlinevisualisierung werden die Daten von einigen cRIOCompactRIO- und NI-PXI-Systemen benutzt, die über Ethernet vernetzt sind.

Autor(en):

Dipl.-Ing. Alexander Sigalov - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung
Dipl.-Ing. Nils Arden - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung
Dipl.-Ing. Horst Eixenberger - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung
Dipl.-Ing. Dr. Louis Giannone - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung
Dipl.-Ing. Claus-Peter Käsemann - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Experimentelle Stromversorgung
Dipl.-Ing. Michael Rott - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Experimentelle Stromversorgung
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Schuhbeck - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Experimentelle Stromversorgung
Dipl.-Ing. Gerald Sellmair - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Experimentelle Stromversorgung
Dipl.-Ing. Dr. Bernhard Sieglin - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Suttrop - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Treutterer - Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung
Dipl.-Ing. Wolfgang Zwick - National Instruments Germany GmbH

 

 

Verteilte Systemarchitektur der Überwachung und Datenerfassung

Die Überwachung und Datenerfassung der Generatoren und einiger Anlagen der Energieversorgung basiert auf einer verteilten Systemarchitektur (Bild 1). Alle Systeme haben die gleiche Abtastrate (10 kHz) und werden über einen externen Trigger gesteuert. Die benutzte NI-Hardware kommuniziert miteinander über Network Streams und mit den externen Systemen (z. B. SIMATIC) über OPC-Server und UDP-Protokoll. Die gemessenen Daten werden jeweils auf den eigenen Festplatten lokal gespeichert und zur Real-time-Darstellung an einen Windows-Rechner weitergeleitet. Zur Dateiübertragung für die Archivierung wird das WebDAV-Protokoll verwendet. So werden insgesamt mehr als 350 Kanäle gespeichert.

 

Die Real-time-Rechner haben folgende Funktionen:

COI beherbergt einen Controller des Typs NI PXIe-8135 und drei Multifunktions-Datenerfassungskarten des Typs NI PXI-6259. Er dient zur Datenerfassung in der COI-Anlage. Diese Anlage umfasst zwei gleiche Vierquadranten-Stromrichter mit Kreisstrombetrieb und jeweils einen zwangskommutierten Thyristorgleichstromschalter. Die Anlage hat eine Anschlussspannung von 10,5 kV/85-110 Hz, eine Pulsleistung von 14 MW und einen Nenngleichstrom von 27 kA für zehn Sekunden in jedem Stromrichter.

 

L5E ist ein CompactRIO-System mit zwei Modulen für analoge Messungen in den Stromrichteranlagen für die Versorgung der Magnetspulen des Experiments.

 

MAZ beinhaltet ein NI-PXI-Chassis mit zwölf NI-PXI-6143-Karten und dient zur simultanen Messung von 96 Kanälen an den Magnetiksonden. Dieses Chassis ist über ein MXI-Kabel mit einem LabVIEW-Rechner verbunden.

 

EZ4 besteht aus einem CompactRIO-Chassis mit einem cRIO-9038-Controller (Bild 2). Er erfasst und überwacht die elektrischen Kenngrößen des Schwungradgenerators EZ4.

 

Für die unmittelbare Messung von Strömen und Spannungen an den Messwandlern werden Module der C-Serie mit Delta-Sigma-Analog-Digital-Konverter eingesetzt. Die in FPGA realisierten elliptischen Filter (Cauer-Filter) 4. Ordnung haben einen sehr steilen Übergang in der Übertragungsfunktion. Für deren Dimensionierung wurde das LabVIEW Digital Filter Design Toolkit verwendet. Die erhaltenen Werte werden für die Berechnungen von wichtigen Generatorparametern gebraucht: Wirk- und Blindleistung, thermische Belastung, gespeicherte mechanische und verbrauchte elektrische Energie. Eine optimierte Berechnung dieser Werte im FPGA wird mithilfe des LabVIEW FPGA IP Builder erreicht. Beim Überschreiten vorgegebener Grenzwerte löst das System über Sicherheitsschleifen ein vorgezogenes Pulsende bzw. einen sofortigen Pulsstopp des Experiments aus und meldet die Ursache. Eine deterministische Verbindung zwischen CompactRIO und dem Linux-Rechner für die schnelle Steuerung der Plasmaentladungen (Bild 1, Nr. 4) wird über einen Lichtwellenleiter (LWL) realisiert. Dafür wird die Signalkodierung 4B/5B im FPGA verwendet. Bei dieser Kodierung werden Datensymbole zusammen mit Kontrollsymbolen übertragen.

 

Synchronisierung

Im Unterschied zu einer einfachen Datenerfassung läuft ein Überwachungssystem kontinuierlich, unabhängig vom Trigger-Signal. Zur Synchronisierung zweier solcher Systeme wird folgendes Verfahren eingesetzt (Bild 3):

 

Bei der triggergesteuerten Messung wird nach dem Trigger die vordefinierte Zahl an Messpunkten (z. B. 3.000) zwischen A und B gelesen. In der kontinuierlichen Messung fällt dieser Trigger in das Messintervall (Punkt A). Die benötigten 3.000 Messpunkte, ausgehend vom Trigger, werden in diesem Fall erst zum Zeitpunkt C zugänglich. Dafür werden sie aus zwei aufeinander folgenden Intervallen der kontinuierlichen Messung zwischen den Punkten A und C genommen und synchronisiert. Sollten nach einer Timeout-Zeit keine Daten vorhanden sein, läuft das System ohne diese Daten weiter.

 

Visualisierung

Die Basis der Visualisierung bildet die dynamische Erzeugung von Queues, was dem Operateur erlaubt, selbst zu entscheiden, wie viele Graphen geöffnet und wie viele Kurven auf jedem Graphen dargestellt werden. Dabei werden folgende Aufgaben gelöst:

  • Gleichzeitige Onlinedarstellung von vielen Signalen, die in verteilten diversen Systemen erfasst werden
  • Nachträgliche einfache Auswertung
  • Schneller Zugriff auf gespeicherte Daten
  • Vergleich der Signale aus verschiedenen Versuchen
  • Kontrolle der Werte bei Überwachungsauslösung

Die Zahl der online zu visualisierenden Punkte wird mit Hilfe des Max-Min-Dezimationsverfahrens dynamisch verringert. Dabei werden trotz stark reduzierter Daten die Spitzenwerte auf dem Graph dargestellt. Dieser Algorithmus erhöht die Geschwindigkeit der Visualisierung ohne Verlust der Spitzenwerte in der Visualisierung.

 

Zusammenfassung

Die verteilte Systemarchitektur erhöht die Genauigkeit der Messung, macht die verschiedenen Systeme unabhängig voneinander und verbessert somit die Sicherheit der überwachten Anlagen. Die wichtigsten Funktionen der Überwachung (Messung, Filter, Berechnung, Steuerung) sind auf den FPGA ausgelagert. Die kontinuierlich laufenden und die sporadisch getriggerten Systeme werden zusammen synchronisiert. Die entwickelten Plug-ins gewährleisten eine ständige Kontrolle der eingesetzten Hardware. Es ist möglich, das System zu erweitern, sodass in Zukunft auch der Schwungradgenerator EZ3 umgerüstet und in das Gesamtsystem eingebunden wird.

 

Informationen zum Autor:

Dipl.-Ing. Alexander Sigalov
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), Bereich Tokamak-Szenario-Entwicklung, Energieversorgung
Boltzmannstraße 2
Garching 85748
Germany
Tel: +49 (0)89 3299 1647
Fax: +49 (0)89 3299 2513
sigalov@ipp.mpg.de

 

Bild 1: Hardwarearchitektur der Überwachung. 1 - Trigger-Signal, 2 - Netzverbindung zwischen Real-time-Rechnern und Visualisierung, 3 - beidseitige Verbindung zur SIMATIC, 4 - Lichtwellenleiter zur schnellen Steuerung, 5 - Netzwerkverbindung zur Datenbank
Bild 2: Überwachungssystem vom Generator EZ4 mit Ein- und Ausgangssignalen
Bild 3: Synchronisierung von sporadischen (triggergesteuerten) und kontinuierlichen Messungen