Entwicklung eines aerodynamischen Prüfstands zur Flügelprofiluntersuchung von Kleinwindkraftanlagen unter dynamischen Winkeländerungen auf Basis eines cRIO-9068

"Das Echtzeitsystem auf Basis des cRIO-9068 kann realitätsnahe Anstellwinkelvariationen eines Rotorblatts im Labormaßstab abbilden und synchron bis zu 100 Drucksignale erfassen."

- M. Sc. David Holst, Technische Universität Berlin, ISTA, FG Experimentelle Strömungsmechanik

Die Aufgabe:

Die Rotorblätter von Windkraftanlagen erfahren starke Änderungen des lokalen Anstellwinkels, beispielsweise aufgrund von Schräganströmung, Böen oder Turbulenz.

Die Lösung:

Der neue Prüfstand des Fachgebiets Experimentelle Strömungsmechanik der TU Berlin ermöglicht die Untersuchung der aerodynamischen Effekte solcher Winkeländerungen.

Autor(en):

M. Sc. David Holst - Technische Universität Berlin, ISTA, FG Experimentelle Strömungsmechanik
B. Sc. Kevin Thommes - Technische Universität Berlin, ISTA, FG Experimentelle Strömungsmechanik
B. Sc. Marvin Schönlau - Technische Universität Berlin, ISTA, FG Experimentelle Strömungsmechanik
Dr.-Ing. Christian Navid Nayeri - Technische Universität Berlin, ISTA, FG Experimentelle Strömungsmechanik
Prof. Dr.-Ing. Christian Oliver Paschereit - Technische Universität Berlin, ISTA, FG Experimentelle Strömungsmechanik

 

Diese Kundenlösung wurde im Tagungsband 2016 des Technologie- und Anwenderkongresses „Virtuelle Instrumente in der Praxis“ veröffentlicht.

 

Eingesetzte Produkte: Echtzeitsystem cRIO-9068, CompactDAQ-Systeme, FPGA-Technologie, LabVIEW FPGA

 

Kurzfassung

Die Rotorblätter von Windkraftanlagen erfahren starke Änderungen des lokalen Anstellwinkels, beispielsweise aufgrund von Schräganströmung, Böen oder Turbulenz. Der neue Prüfstand des Fachgebiets Experimentelle Strömungsmechanik der TU Berlin ermöglicht die Untersuchung der aerodynamischen Effekte solcher Winkeländerungen. Eine genauere Kenntnis der Einflüsse und Folgen kann zukünftig die Zuverlässigkeit von Windkraftanlagen verbessern.

 

Projektbeschreibung

Im Rahmen der Windkraft-Forschungsgruppe des Fachgebiets für Experimentelle Strömungsmechanik der TU Berlin wurde ein Prüfstand entwickelt, der die Änderungen des Anströmwinkels an einem Blatt einer Windkraftanlage auf einen Laborversuch übertragen kann. Hierbei werden beliebige Zeitreihen von Winkelpositionen vorgegeben und innerhalb einer Messung untersucht. Die Folgen einer Scherströmung können beispielsweise durch eine sinusförmige Winkeländerung simuliert werden, wie sie in Bild 1 zu sehen ist. Es können auch die Folgen weiterer Störungen abgebildet werden, die durch die Turmpassage und Turbulenz entstehen. Der Prüfstand ergänzt die Möglichkeiten des Fachgebiets im Bereich der Windenergie. Die zu untersuchenden Flügelprofile entsprechen den Abmaßen, welche zum einen innerhalb der institutseigenen Forschungsturbine und zum anderen aber auch im Bereich von Kleinwindkraftanlagen von Interesse sind. Die Ergebnisse sind somit auch für die Charakterisierung und Bewertung der Experimente unserer Forschungswindkraftanlage BeRT (Berlin Research Turbine) verwendbar, welche im letzten Tagungsband vorgestellt wurde.

 

Hardware

Der Prüfstand ermöglicht eine flexible Nutzung unterschiedlicher Messtechniken, wie die Messung von Kräften und Oberflächendrücken sowie die Untersuchung der Flügelumströmung und des Nachlaufs. Der Flügel wird durch einen Servomotor angetrieben und ein zweiter Motor ermöglicht die Ansteuerung einer aktiven Klappe. Das cRIO-9068 ist hierbei die zentrale Steuereinheit. Der FPGA übernimmt die Motoransteuerung über CAN-Kommunikation und ermöglicht die Erstellung selbst definierter Trigger. Diese werden von externen Messsystemen, wie bspw. Particle-Image-Velocimetry (PIV), bei der Untersuchung der Flügelumströmung genutzt. Wir haben somit die Möglichkeit, die Daten innerhalb der Bewegungen an frei wählbaren Einzelpositionen oder kontinuierlich zu erfassen. Zusätzlich synchronisiert das CompactRIO die eigene Erfassung von diversen Kraft-, Druck- und Temperatursignalen mit mehreren optionalen CompactDAQ, welche als Erweiterung bei Oberflächendruckmessungen genutzt werden. Dies ermöglicht eine vollständig synchrone Erfassung von bis zu 100 Drucksignalen bei einer Datenrate von mehreren kHz.

 

Software

Das Steuerprogramm beinhaltet die klassischen drei Bestandteile eines CompactRIO-Programms, die in Bild 2 skizziert werden. Das Host-VI übernimmt die Nutzerinteraktion und die Steuerung weiterer Messgeräte. Auf dem CompactRIO läuft das RT-VI, welches die zeitkritische Kommunikation mit dem FPGA beinhaltet. Das FPGA-VI sichert die getriggerte Messdatenaufnahme und stellt für weitere Anwendungen benutzerdefinierte Trigger zur Verfügung. Die einzelnen Programm-bestandteile des Prüfstands sind modularisiert und werden in parallelen State Machines bearbeitet. Die Kommunikation erfolgt hierbei nahezu ausschließlich über Queues mit einem Cluster als Datentyp, welches String und Variant beinhaltet. Somit wird die Kommunikation zwischen den Modulen erleichtert. Die Steuerung von den institutseigenen Traversensystemen kann wahlweise vom Host oder dem CompactRIO übernommen werden. Die entsprechenden Traversentreiber sind hierbei plattformunabhängig umgesetzt.

 

Die Oberfläche des Host-VIs in Bild 3 stellt dem Benutzer alle notwendigen Einstellungen zur Verfügung, wobei erweiterte Zugriffe über die Menüs ermöglicht werden. Die Anforderungen an die Benutzeroberfläche werden durch die wissenschaftliche Anwendung des Prüfstands bestimmt. Hierbei muss der Prüfstand flexibel auf unterschiedliche Experimente einstellbar sein, ohne dass eine zusätzliche Programmierung notwendig ist.

 

Zusammenfassung

Der dynamische Flügelprüfstand erweitert die experimentellen Möglichkeiten des Fachgebiets für experimentelle Strömungsmechanik im Bereich der Windenergie. Das Echtzeitsystem auf Basis des cRIO-9068 kann realitätsnahe Anstellwinkelvariationen eines Rotorblatts im Labormaßstab abbilden und synchron bis zu 100 Drucksignale erfassen. Hierbei werden CompactDAQ-Systeme als Erweiterung des Echtzeitsystems genutzt und die Datenerfassung von diesem getriggert. Die modulare Struktur des Programms ermöglicht die größtmögliche Flexibilität bei zukünftigen Erweiterungen des Prüfstands.

 

Informationen zum Autor:

M. Sc. David Holst
Technische Universität Berlin, ISTA, FG Experimentelle Strömungsmechanik
Müller-Breslau-Str. 8
Berlin 10623
Germany
Tel: +49 (0)30 314 27489
Fax: +49 (0)30 314 21101
david.holst@tu-berlin.de

Bild 1: Dynamischer Flügelprüfstand und mögliche Winkelvariationen
Bild 2: Prozessstruktur
Bild 3: GUI des dynamischen Flügelprüfstandes