Vorteile von LabVIEW FPGA und softwaredesignten RF-Messgeräten

Überblick

Die Anzahl von Wireless-Geräten, die Vielfalt von Kommunikationsstandards sowie der Komplexitätsgrad von Modulationsformaten wachsen jedes Jahr drastisch an. Da eine immer größere Zahl komplexer Prüfgeräte benötigt wird, sind mit jeder Technologiegeneration die Kosten für die Prüfung von Wireless-Geräten mithilfe herkömmlicher Techniken gestiegen.

Eine Möglichkeit zur Reduzierung von Hardwarekosten und Prüfzeiten besteht darin, virtuelle (Software-) Messgeräte zusammen mit modularer I/O einzusetzen. Mit dem Ansatz der softwaredesignten Messgeräte können RF-Prüfingenieure nun noch einmal deutlich kürzere Prüfzeiten erzielen, die ohne benutzerdefinierte oder standardspezifische Messgeräte nicht umzusetzen wären.

Lesen Sie hier, wie Sie RF-Messgeräte mit NI LabVIEW FPGA entwickeln und benutzerdefiniert anpassen können und entdecken Sie die Vorteile, die Ihnen softwaredesignte Messgeräte für Prüfsysteme bieten können.

Inhalt

Einführung in softwaredesignte Messgeräte

Über Jahre hinweg haben Prüfingenieure Softwarepakete wie LabVIEW eingesetzt, um RF-Messsysteme benutzerdefiniert anzupassen und die Kosten gegenüber herkömmlichen Stand-alone-Messgeräten zu senken. Mit diesem Ansatz sind Prüfingenieure nicht nur flexibel, sondern auch in der Lage, das Leistungsvermögen der jüngsten PC-, CPU- und Bustechnologie voll ausschöpfen.

Bei vielen anspruchsvollen RF-Prüfanwendungen stellt die CPU jedoch nach wie vor einen kritischen Faktor dar. CPUs verfügen inhärent nur über begrenzte Parallelität, und die dabei entstehenden typischen Software-Stacks führen zu Latenzzeiten, die die Leistung des Prüfsystems dann beeinträchtigen können, wenn der Prüfstimulus dynamisch je nach Messwerten oder Zustand des Prüflings angepasst werden muss. Eine optimale Leistung des RF-Prüfsystems lässt sich durch den Einsatz von benutzerdefinierter Messhardware in Verbindung mit multicore-basierter CPU-Technologie erzielen, was Prüfsystemdesignern erlaubt, einen Zustand von niedriger Latenz bei hohem Durchsatz herzustellen, wodurch Prüfzeiten drastisch gesenkt werden können.

Während Standardmesshardware traditionell eine starre Funktionalität aufweist, bietet NI nun branchenweit als Erster offenere und flexiblere Messgeräte an, die auf der FPGA-Technologie (Field-Programmable Gate Array) basieren. Kurz gesagt handelt es sich bei FPGAs um hochintegrierte, benutzerdefinierbare digitale Chips, mit deren Hilfe Prüfingenieure benutzerdefinierte Algorithmen für Signalverarbeitung und Regelung direkt in Messhardware integrieren können. Das Resultat ist RF-Hardware, die das Beste beider Welten vereint: zum einen geschlossene Messtechnologie hoher Qualität für nachweisbare Messungen hoher Zuverlässigkeit, eingebettet in moderne Formfaktoren, zum anderen anwenderseitig definierbare Logik mit ausgeprägter Parallelität, die eine niedrige Latenz ermöglicht und direkt an I/O für die Inline-Verarbeitung und enge Regelschleifen angebunden ist.

Der NI-Vektorsignal-Transceiver (NI VST) ist ein Beispiel für diese Hardware. Dieses Gerät vereint die Funktionalität eines Vektorsignalgenerators mit einem Vektorsignalanalysator und enthält einen anwenderprogrammierbaren FPGA für die Signalverarbeitung, Steuerung und Regelung in Echtzeit. Der VST verfügt dank des FPGAs über zusätzliche Flexibilität, so dass er sich insbesondere für anwenderspezifische Triggervorgänge, die Steuerung und Regelung von Prüflingen, parallele Messungen und digitale Signalverarbeitung in Echtzeit eignet.

Benutzerdefinierte Anpassung von Hardware mithilfe von LabVIEW FPGA

Wenngleich FPGAs sowohl individuell für benutzerdefinierte Hardwaredesigns als auch als Teil von Standardhardwareprodukten (COTS) weitläufig verfügbar sind, werden benutzerdefinierbare FPGAs in Standard-RF-Hardware bisher selten eingesetzt. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass spezielle Kenntnisse zur Programmierung dieser Geräte notwendig sind. Hardwarebeschreibungssprachen erfordern im Allgemeinen einen hohen Lernaufwand und werden nur von Experten im Bereich digitaler Designs verwendet.

Das LabVIEW-FPGA-Modul ermöglicht nun durch Abstraktion einem großen Kreis an Ingenieuren und Wissenschaftlern Zugang zur neuesten FPGA-Technologie. Mithilfe grafischer Programmierung lässt sich eine Logik implementieren, die das Verhalten eines RF-Messgeräts in Hardware definiert, wie in Abbildung 1 dargestellt ist. Die Datenflussprogrammierung in LabVIEW ist sehr gut dazu geeignet, die Art paralleler Operationen und Prozesse zu implementieren und zu visualisieren, die auf FPGAs ausgeführt werden können. Wenngleich die Programmierung von FPGAs mit LabVIEW zusätzliche Kenntnisse erfordert, ist der Lernaufwand doch deutlich geringer als beim Erlernen einer Hardwarebeschreibungssprache.

Abbildung 1: Dank des LabVIEW-FPGA-Moduls von NI lässt sich LabVIEW-Code zur benutzerdefinierten Anpassung von Messgeräten einsetzen. Bei der Erstellung von RF-Anwendungen können Anwender mit vorgefertigten Beispielprojekten beginnen und dann Modifikationen beispielsweise für die benutzerdefinierte Triggerung, die Steuerung und Regelung von Prüflingen, die Signalverarbeitung u. v. m. hinzufügen.

Als Einstiegspunkt für RF-Anwendungen existieren mehrere LabVIEW-FPGA-Beispielprojekte, die zusammen mit Geräten wie den VST-Geräten von NI verwendet werden können. Insbesondere lässt sich der FPGA entsprechend einem Datenübertragungsmuster (mit benutzerdefinierbaren Start-, Stopp- und Referenztriggern, die über eine ähnliche Schnittstelle wie bei einem Vektorsignalanalysator und -generator dargestellt werden) oder entsprechend einem Streamingmuster (für die Inline-Signalverarbeitung oder Anwendungen zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Daten) anpassen.

Vergleich softwaredesignter Messgeräte mit herkömmlichen Ansätzen

RF-Messsysteme mit FPGA-gestützter Hardware bieten eine Reihe von Vorteilen, angefangen bei der Steuerung und Regelung von Prüflingen mit niedriger Latenz bis hin zu einer verringerten CPU-Last. In den folgenden Abschnitten werden verschiedene Einsatzszenarien ausführlich beschrieben.

Verbesserte Bedienung des Prüfsystems dank interaktiver Steuerung und Regelung von Prüflingen

Bei vielen RF-Prüfsystemen werden die Prüflinge über digitale Signale und benutzerdefinierte Protokolle gesteuert. Traditionelle automatisierte Prüfsysteme können Prüflingsmodi sequenziell abarbeiten und nehmen in jeder Phase die erforderlichen Messungen vor. In einigen Fällen können automatisierte Testsysteme daraufhin programmiert werden, dass sie zwischen den Einstellungen von Prüflingen je nach empfangenen Messwerten wechseln können.

In jedem Szenario können softwaredesignte Messgeräte mit FPGA den Kosten- und Zeitaufwand verringern. Die Kombination von Messverarbeitung sowie digitaler Steuerung und Regelung in einem einzigen Messgerät reduziert den Bedarf an zusätzlicher Digital-I/O im System. Zudem erübrigt sich das Konfigurieren von Triggervorgängen zwischen den Messgeräten. In Fällen, bei denen der Prüfling in Reaktion auf empfangene Messdaten gesteuert werden muss, können softwaredesignte Messgeräte die Regelschleife der Hardware schließen, so dass die Anzahl der in Software zu treffenden Entscheidungen mit deutlich höheren Latenzzeiten reduziert wird.

Kürzere Prüfzeiten und mehr Zuverlässigkeit mit hardwarebasierten Messungen

Die heutigen softwarebasierten Prüfsysteme können zwar schon eine begrenzte Anzahl von Messungen parallel ausführen, doch sind softwaredesignte Messgeräte nur durch die verfügbare FPGA-Logik eingeschränkt. Dutzende von Messungen oder Datenkanälen können mit echter Hardwareparallelität verarbeitet werden, so dass relevante Messungen nicht eigens ausgewählt werden müssen. Berechnungen wie beispielsweise schnelle Fourier-Transformationen (FFT), Filterung sowie Modulation/Demodulation können in Hardware implementiert werden, wodurch die Datenmenge reduziert wird, die an die CPU übertragen und verarbeitet werden muss. Mithilfe softwaredesignter Messgeräte lassen sich Funktionen wie echtzeitfähige Spektralmaskierung deutlich schneller ausführen als bei traditionellen Stand-alone-Messgeräten.

Zudem bedeutet die niedrige Latenzzeit in Zusammenhang mit Messungen in Hardware, dass anstelle von nur einer einzigen Messung in Standardprüfsystemen in gleicher Zeit Dutzende oder gar Hunderte an Live-Messungen durchgeführt und gemittelt werden können, wie in Abbildung 2 dargestellt. Daraus ergibt sich für Prüfergebnisse eine bessere Qualität und für RF-Messungen eine höhere Zuverlässigkeit. Da Messungen in Hardware zudem kontinuierlich ausgeführt und von einer Host-Prüfanwendung periodisch abgetastet werden können, ist sichergestellt, dass keine wichtige Daten verloren gehen.


Abbildung 2: Mit softwaredesignten Messgeräten lassen sich kontinuierlich Daten erfassen und Messungen durchführen (mit periodischem Sampling der Ergebnisse), so dass der Datenerfassungsprozess für die Informationsübertragung nicht angehalten werden muss.

Schnell zu optimalen Prüfparametern durch geschlossene Regelschleifen

Bestimmte Klassen von RF-Tests erfordern es, dass die Einstellungen von Prüflingen oder die Umgebung- und Herstellungsparameter entsprechend den empfangenen Messdaten angeglichen werden. Dafür ist ein Regelsystem notwendig, das allerdings häufig aufgrund der Latenzzeit eingeschränkt ist. In vielen Fällen kann die Schleife direkt in der Hardware geschlossen werden, so dass sich nachfolgende Sollwerte erübrigen, die durch die CPU zu bearbeiten wären. Dadurch ergibt sich für Regelkreise eine kürzere Prüfzeit von Sekundenbruchteilen.

Fokussierung auf relevante Daten mithilfe benutzerdefinierter Trigger

Die für das Triggerverhalten mit niedriger Latenz verfügbaren Optionen richten sich gewöhnlich nach der eingesetzten Messhardware. Mithilfe von softwaredesignten Messgeräten lassen sich jedoch benutzerdefinierte Triggerfunktionen in das Gerät integrieren, um relevante Situationen schnell zu erkennen. Flexible hardwaregestützte Triggerung bedeutet, dass benutzerdefinierte Spektralmasken oder andere komplexe Bedingungen als Kriterien für die Erfassung wichtiger Messdaten oder die Aktivierung zusätzlicher Messhardware angewendet werden können. Durch die Auswahl relevanter Daten in Hardware erhält die CPU mehr Kapazität für andere wichtige Tasks.

Ausnutzung der Software im gesamten Designprozess

Dieses Dokument befasst sich in erster Linie mit RF-Prüfungen, doch verwenden Ingenieure IP zwischen den Design- und Testphasen immer häufiger wieder, wodurch Markteinführungszeiten und die Gesamtausgaben für Prüfanwendungen erheblich reduziert werden. Mit LabVIEW FPGA können Algorithmen zur digitalen Signalverarbeitung definiert und anschließend als Teil der Geräte- oder Komponentenprüfung wiederverwendet werden, so dass Prüfcode nicht von Grund auf erstellt werden muss. Dies garantiert eine beschleunigte Testentwicklung, wodurch im Designprozess zu einem früheren Zeitpunkt geprüft werden kann. Zudem ermöglicht dies eine vollständigere Prüfabdeckung, wie in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3. IP kann zwischen den Design- und Testphasen wiederverwendet werden, so dass Prüfentwicklungszeiten verringert werden und eine vollständigere Prüfabdeckung erreicht wird.

Zukunftssicher durch softwaredesignte Messgeräte

Anbieterdefinierte Messgeräte und Standardmessgeräte mit fester Funktionalität werden mit Sicherheit noch über Jahre hinweg verfügbar sein. Die immer komplexeren RF-Geräte und der Druck zur Markteinführung lösten den Zuwachs softwarebasierter Messsysteme aus. Da sich dieser Entwicklungstrend fortsetzt, dürften softwaredesignte Messgeräte bereits in naher Zukunft eine deutlich wichtigere Rolle bei RF-Prüfungen sowie Prüfsystemen im Allgemeinen spielen.

Softwaredesignte Messtechnik bietet den bis dato höchstmöglichen Grad an Flexibilität, Leistung und Wartbarkeit unter Einsatz von Standardhardware. Wenn sich Systemanforderungen ändern, ermöglichen softwaredesignte Messgeräte nicht nur, dass die Software für verschiedene Teile der modularen I/O beibehalten werden kann, sondern auch, dass bestehende I/O entsprechend vorliegender Anforderungen modifiziert werden kann.