Testen von eCall-Notrufsystemen mit der NI-Plattform

Dipl.-Ing. Markus Solbach, NOFFZ ComputerTechnik GmbH

„Mit Hilfe des NOFFZ UTP 9065 und der NI-Plattform haben wir die Mehrgeräte-Testherausforderung innerhalb der Klimakammeranwendung für unsere Kunden noch besser gelöst. Wir haben die Testzeiten mit dem NI VST verkürzt und unsere höchste Testtiefe erreicht. Insgesamt sind wir und unsere Kunden mit der Lösung von NOFFZ und NI zufrieden.“

– Dipl.-Ing. Markus Solbach, NOFFZ ComputerTechnik GmbH

Die Aufgabe:

Entwickeln eines effizienten Multi-DUT-Testers mit umfassendem Run-in-Screening und Funktionstests für eCall-Produkte, die zur Standardausstattung jedes Neufahrzeugs gehören und in Übereinstimmung mit Automobilspezifikationen über den gesamten Temperaturbereich hinweg getestet werden

Die Lösung:

Verwendung eines Noffz-UTP-Testers und eines NI-TestStand-Batch-Prozessmodells, um ein hohes Maß an Parallelisierung zu erreichen und 28 Geräte in der Klimakammer zu testen, indem Ruhestrom gemessen und nicht signalisierende Tests mit einem NI-Vektorsignal-Transceiver durchgeführt werden, um sicherheitskritische Funktionen zu testen, wodurch die Testzeit von fast sieben Minuten auf ungefähr eine Minute pro Prüfling reduziert wurde.

Autor(en):
Dipl.-Ing. Markus Solbach - NOFFZ ComputerTechnik GmbH
Marc Abels - NOFFZ ComputerTechnik GmbH
Dipl.-Ing. Sergej Dirks - NOFFZ ComputerTechnik GmbH
Enrique Gutierrez - Peiker Acustic GmbH & Co.KG

 

Ab 2014 müssen alle Neufahrzeuge in der Europäischen Union mit einem Notrufsystem namens „eCall“ ausgestattet sein, das bei einem Unfall automatisch die europäische Notrufnummer 112 anrufen kann. Das System überträgt auch gleichzeitig die GPS-Standortinformationen des Fahrzeugs, um Rettungsaktionen schneller und effizienter einzuleiten und durchzuführen. Die Peiker Acustic GmbH & Co. KG im deutschen Friedrichsdorf fertigt seit vielen Jahren erfolgreich Mikrofone, Freisprechanlagen, Multimediasysteme und Telefonmodule für die Automobilindustrie. Die langjährige Erfahrung des Unternehmens im Bereich der Mobilfunktechnologie hat das Unternehmen zum führenden Hersteller für die Massenproduktion dieser eCall-Module gemacht. Daher benötigte peiker einen Run-In-Screening-Tester, der bis zu 28 eCall-Module parallel in einer Klimakammer testen kann. Außerdem benötigte das Unternehmen ein umfassendes Modulmanagement für die verschiedenen Module, die je nach Fahrzeughersteller mit unterschiedlichen Bondings und Platinenlayouts ausgestattet sind.

 

Wir brauchten das System, um eine vollständige Leistungsprüfung der Prüflinge durchführen zu können. Wir mussten es auch basierend auf dem Testsystem NOFFZ UTP 9065 entwerfen und implementieren. Wir forderten alle Testgeräte auf, die Prüflinge zu Test- und Bewertungszwecken einzuschalten. Wir verwendeten Hardwarekomponenten von National Instruments, wie z. B. Datenerfassungskarten und Netzteile, für die Integration in das Testgerät. Außerdem wollten wir so weit wie möglich NI-PXI-Hardware in einem geeigneten Chassis verwenden. Wir benötigten das UTP 9065, um eine optimale Kommunikation zwischen Prüfling und Prüfgerät zu gewährleisten und den vollständigen Zugriff auf die Datenbank des Kunden und das Rückverfolgbarkeitssystem iTAC von peiker zur Verwaltung von Seriennummern und zur Übermittlung von Prüfergebnissen zu erhalten.

 

Definition des Problems

Für den Einlauf- und Screening-Test einer großen Anzahl von fahrzeuginternen eCall-Modulen benötigten wir ein robustes Klimakammer-Testsystem. Wir wollten, dass das Testsystem einen parallelen Screening-Test mit 28 Prüflingen für einen Temperaturbereich zwischen −40 °C und 85 °C durchführt. Neben der Anbindung an die Kundendatenbank und das iTAC-System sollte das Testobjekt auch eine umfangreiche Variablenverwaltung für Einzelkontakt- und Prüflingsmessungen erbringen und einen prüflingsspezifischen Temperaturverlauf für die Klimakammer übertragen. Wir mussten die Vorlaufzeit so kurz wie möglich halten, daher sollte das Prüfgerät so viele Messungen wie möglich an allen 28 Prüflingen durchführen. Das System muss u. a. folgende Verfahrensschritte und Prüfschritte durchlaufen: Ruhestrommessung, Aufwecken über USB und über ein Diagnostic Controller Area Network (CAN-DIAG), Aktivieren des Testmodus, Abfrage von Hard- und Softwarestatus, und Überladung sowie Niederspannungsbetrieb. Im Rahmen des Projekts mussten wir die Software NI LabVIEW und NI TestStand verwenden, um separate Codemodule für den CAN-Bus, die Steuerung der digitalen I/O und der Klimakammer, die parallele Strommessung und die Implementierung weiterer Testanforderungen zu entwerfen.

 

Peiker hat bereits auf das NOFFZ UTP Test Execution Frontend (TEF) für die Stapelverarbeitung der Prüflinge standardisiert, was die Grundlage für die Implementierung des Testverfahrens in NI TestStand war. Das entsprechende Abwicklungsmodell passen wir individuell an die Anforderungen der zu testenden eCall-Module an, um einen optimalen und parallelen Ablauf mit minimaler Vorlaufzeit zu gewährleisten. Die Screening-Prüfung in der Klimakammer ist temperaturabhängig, verlängert also durch Aufwärm- und Abkühlzeiten die resultierende Prüfung und erfährt keine weiteren Verlängerungen durch die Prüfung des Testobjekts.

 

Für die Prüfung gilt folgender Zeitplan:

  • Der Test beginnt bei etwa 20 °C Umgebungstemperatur und beginnt mit einer ~25-minütigen Abkühlphase auf −40 °C.
  • Die Prüflinge bleiben 30 Minuten bei dieser Temperatur und werden vermessen, bevor die 40-minütige Aufwärmphase auf +85 °C beginnt.
  • Nach Erreichen der Temperatur müssen die Prüflinge 60 Minuten betrieben und erneut vermessen werden, bevor sie innerhalb von 30 Minuten auf 20 °C abgekühlt werden, um ohne Kondenswasserbildung aus dem Klimaschrank entnommen werden zu können.

 

Daher können wir anhand der Temperaturkurve eine Vorlaufzeit von 185 Minuten ermitteln. Während des Prüfvorgangs wird der Prüfling vom iTAC-System vorbestimmt und mit einer Seriennummer versehen. Nach Abschluss des Tests werden die Testergebnisse sofort in der iTAC-Datenbank dokumentiert.

 

Produkte und Lösungen

Bei der Entwicklung dieses Testsystems standen wir aufgrund der hohen Anzahl an benötigten Testitems und der daraus resultierenden hohen Parallelisierung vor einigen Herausforderungen. Unmittelbar damit verbunden mussten wir trotz der langen Taktzeiten durch die Aufwärm- und Abkühlphasen noch die notwendige Durchlaufzeitoptimierung einhalten. Eine weitere Herausforderung war die reibungslose Kommunikation mit der Kundendatenbank und dem Fertigungsausführungssystem inklusive der Versions- und Seriennummernverwaltung. Peiker sollte die Verbindung zu bestehenden Softwarestrukturen schaffen und HPVee sollte die bestehenden Softwaremodule in das LabVIEW- und NI-TestStand-Framework überführen.

 

Wir haben die große Anzahl von Testaufgaben schließlich mit leistungsstarker PXI-Hardware von NI bewältigt, die bis zu 32 serielle Schnittstellen und bis zu 96 I/O-Kanäle bereitstellen kann. Wir können nun verschiedene Prüfschritte parallel abarbeiten, wie das Einschalten der Prüflinge, den Aufbau der Kommunikation und das Messen des Ruhestroms. Wir haben die Überprüfung der GSM-Last-Funktionalität nur nacheinander für alle Testgegenstände abgeschlossen. Wir haben den NOFFZ TEF mit NI TestStand für die Anzeige von Statusaktualisierungen aller 28 gleichzeitig durchgeführten Tests optimiert und erweitert. Dem Wunsch nach möglichst geringer Durchlaufzeit sind wir durch eine optimierte Umsetzung der Parallelisierung mit Hilfe leistungsfähiger Hardware und konsequenter Modularisierung auf der Softwareseite nachgekommen (Abbildung 1).

 

 

 

Basierend auf den iTAC-Bibliotheken des Kunden haben wir erfolgreich eine Verbindung mit der Datenbank des Rückverfolgbarkeitssystems implementiert, was die Verwaltung und Zuordnung von Seriennummern sowie die direkte Übertragung von Prüfberichten an die Datenbank ermöglicht.

 

Verwendete Software und Hardware

Das parallele Testverfahren des Batch-Prozesses inklusive der Versionsverwaltung haben wir mit NI TestStand umgesetzt. Die einzelnen Testschritte haben wir modular mit LabVIEW umgesetzt und anschließend in NI TestStand integriert. Andere im Tester verwendete Messgeräte, Netzteile und andere Hardwarekomponenten (Abbildung 2) umfassen:

  • NI PXI-1045 Chassis mit 18 Steckplätzen
  • MXI-Schnittstelle zur Erfassung aller Mess- und Kartenmodule per Interprozesskommunikation
  • PXI 100 × einpoliges elektromagnetisches Einweg-Relais
  • NI PXI-6225 Datenerfassungskarte zur parallelen Aktivierung der USB-Versorgungsspannung für die 28 Prüflinge
  • NI PXI-4065 Digitalmultimeter zur parallelen differenziellen Erfassung der Ruheströme
  • NI PXI-8513/2 NI-XNET-CAN-Schnittstelle zur Messung des CAN-Buspegels und des USB-Abschirmungswiderstands
  • NI PXI-2576 Multiplexer zur Steuerung von CAN-EPT und CAN-DIAG
  • NI PXI-2547 Hochfrequenz-Multiplexer zur parallelen Steuerung der Debugging-Schnittstelle
  • NI PCI-GPIB zum Anschließen eines Testobjekts mit einer Ladung von 100 k
  • NI PXI-6509 Digitales I/O-Modul zur Steuerung der Netzteile
  • NI PXI-PCI8360 MXI-Express-Controller zur System- und Adaptersteuerung
  • N5747A DC-Systemnetzteil von Agilent zur Steuerung des NI-PXI-Chassis über einen IPC
  • N5745A DC-Systemnetzteil von Agilent zur parallelen Versorgung der 28 Prüflinge

 

Die parallele USB-Versorgung der 28 Testgeräte haben wir mit den Hubs und USB-Switch-Karten durchgeführt. Wir haben die Klimakammer mit Parametereinstellungen von NI TestStand und direktem Zugriff auf die Leistung im Bereich von –40 °C bis 85 °C innerhalb der Klimakammer zur Temperaturregelung verwendet.

 

 

 

Fazit und Ausblick

Nachdem wir auf Basis des NOFFZ UTP 9065 Konzeptes ein solides, flexibles Einlauf- und Screening-System für eCall-Module erfolgreich konzipiert haben, das auch ein umfangreiches Variantenmanagement sowie die Anbindung an die Kundendatenbank und das iTAC-System bietet, planen wir weitere Tests Systeme für die nahe Zukunft (Abbildung 3). Abgesehen von Änderungen in der Benutzerfreundlichkeit dieser Systeme, die derzeit in Projekten ausgeführt werden, haben wir die Vektorsignal-Transceiver-Hardware von NI verwendet, um Non-Signaling-Tests für Anrufaufbauten zeiteffizient durchzuführen und die Vorlaufzeit der Testobjekte weiter zu verkürzen. Ein voll funktionsfähiger Mehrgerätetest von eCall-Telefonmodul-Geräten ist nun unter mehreren Temperaturbedingungen möglich.

 

 

 

 

 

Aufgrund des hohen Modularisierungs- und Optimierungsgrades für die Softwareentwicklung sowie des standardisierten Variantenmanagements mit der Oberfläche NOFFZ UTP TEF konnten wir die Testprozesse für neue Varianten problemlos anpassen.

 

 

 

Informationen zum Autor:

Dipl.-Ing. Markus Solbach
NOFFZ ComputerTechnik GmbH
Tempelsweg 24a
Tönisvorst 47918
Deutschland
Tel: +49 (0)2151 99878-80
Fax: +49 (0)2151 99878-88
markus.solbach@noffz.com

Abbildung 1: Der flexible NOFFZ TEF für parallele Tests mit NI TestStand
Abbildung 2: Ein Teil des NI-PXI-Systems
Abbildung 3: UTP 9065 Einlauf-/Screening Tester mit Klimakammer