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Fahrzeug-Monitoring via IoT-Plattform in der Cloud: Von London nach Rom und zurück mit nur 1 Liter Benzin!

"Die Rennfahrzeuge wurden mit mobilen Transpondern ausgerüstet, welche die Fahrzeug-Betriebsdaten mit GPS-Informationen verknüpften und live über Mobilfunk an eine IoT-Plattform in der Cloud transferierten."

- Marco Schmid, Schmid Elektronik AG, Electronic Design Specialty Partner von NI

Die Aufgabe:

Vor 30 Jahren wurde der Shell-Eco-Marathon (SEM) in seiner gegenwärtigen Form erstmals in Frankreich ausgetragen. Heutzutage findet der Event mehrmals im Jahr statt. Studententeams aus der ganzen Welt pilgern jeweils für eine Woche zu dieser professionellen, von Shell organisierten Veranstaltung. Die Fahrstrategie besteht darin, einerseits so schnell wie möglich zu fahren, aber gleichzeitig die noch verfügbare Energie im Auge zu behalten. Im besten Fall fährt der Pilot mit dem allerletzten Tropfen und maximaler Geschwindigkeit über die Ziellinie.

Die Lösung:

Erstmals fand dieses Jahr in London ein direktes Rennen zwischen unterschiedlichen Treibstofftypen statt. Dabei kam eine neue, durch LabVIEW unterstützte Technologie zum Einsatz.

Autor(en):

Marco Schmid - Schmid Elektronik AG, Electronic Design Specialty Partner von NI

 

Diese Kundenlösung wurde im Tagungsband 2016 des Technologie- und Anwenderkongresses „Virtuelle Instrumente in der Praxis“ veröffentlicht.

 

Eingesetzte Produkte: LabVIEW, DIAdem

Kurzfassung

Das Ziel des Shell-Eco-Marathons [1, 2] ist es, in einem Rennen das umweltbewusste Denken unserer Ingenieure der Zukunft zu fördern. Der Gewinner ist derjenige, der mit möglichst wenig Energie eine möglichst lange Strecke zurücklegen kann. Seit 30 Jahren treten hochmotivierte Studententeams aus der ganzen Welt mehrmals im Jahr gegeneinander an und feiern diesen Spirit. Erstmals fand dieses Jahr in London ein direktes Rennen zwischen unterschiedlichen Treibstofftypen statt. Dabei kam eine neue, durch LabVIEW unterstützte Technologie zum Einsatz. Die Rennfahrzeuge wurden mit mobilen Transpondern ausgerüstet, welche die Fahrzeug-Betriebsdaten mit GPS-Informationen verknüpften und live über Mobilfunk an eine IoT-Plattform in der Cloud transferierten. Die dort in Echtzeit berechneten Ergebnisse fanden ihren Weg auf ein Leaderboard und eine Live-Karte für das mitfiebernde Publikum.

 

Einleitung

Das Rennen hat seinen Ursprung 1939 in den USA und entstand aus einer Wette zwischen Wissenschaftlern der Firma Shell. Es ging darum, wie weit man das eigene Fahrzeug mit einer Gallone Treibstoff fahren könne. Vor 30 Jahren wurde der Shell-Eco-Marathon (SEM) in seiner gegenwärtigen Form erstmals in Frankreich ausgetragen. Heutzutage findet der Event mehrmals im Jahr statt. Studententeams aus der ganzen Welt pilgern jeweils für eine Woche zu dieser professionellen, von Shell organisierten Veranstaltung. Vor, während und nach dem Rennen werden sie von einem hochspezialisierten technischen Team betreut und treten mehrmals gegeneinander an.

 

Fahrzeugklassen und Energiekategorien

Das Rennen wird grundsätzlich in zwei Klassen aufgeteilt. Die Prototypenklasse (Bild 1, links) zielt auf maximale Energieeffizienz hin. Das sind Kleinstfahrzeuge, welche z. B. die Form einer überdimensionierten „Zigarre“ haben und in denen der Pilot in den meisten Fällen ziemlich unbequem liegt. Die teilweise durchgestylten Designs zeigen etwa die heutigen Möglichkeiten von High-Tech für beste Umweltverträglichkeit. Die Urban-Concept-Klasse (Bild 1, rechts) hingegen zeigt sich eher praxisorientiert und bietet in vielen Fällen sogar Platz für zwei Passagiere. Diese Klasse soll eine Idee aufzeigen, wie zukünftige Fahrzeuge mit minimalem Energieverbrauch aussehen und in Städten zur Anwendung kommen könnten. Beide Fahrzeugklassen werden je nach ihrem zugrundeliegenden Kraftstoff wiederum in zwei Kategorien eingeteilt. Zu den Verbrennungsmotortypen gehören Superbenzin, Diesel, synthetischer Kraftstoff (GtL), Biodiesel (FAME) und Ethanol E100. Zur Kategorie der Elektromobilität gehören Photovoltaik, Wasserstoff (Brennstoffzelle) und Akkumulator. Der aktuelle Rekord liegt bei 4.896 km/Liter, gehalten von einem Brennstoffzellenfahrzeug der Klasse Prototyp.

 

Phase 1: den 1-Liter-Marathon durchhalten…

In diesem ersten Teil des Rennens geht es darum, mit möglichst wenig Energie eine möglichst lange Strecke zu fahren. Die Fahrzeuge legen dabei mit rund 30 km/h in maximal 50 Minuten eine 25 km lange Strecke zurück. Ein im Fahrzeug montierter Transponder (Bild 3, rechts) misst den Treibstoffverbrauch während der Fahrt. Dann wird berechnet, wie viel (Milli-)Liter Superbenzin die gleiche Energiemenge enthält wie der verbrauchte Treibstoff, denn so normiert werden die Ergebnisse der verschiedenen Kategorien vergleichbar. Schlussendlich wird hochgerechnet, wie viele Kilometer das Fahrzeug mit der Energiemenge eines ganzen Liters Superbenzins theoretisch hätte zurücklegen können.

 

Fahrzeug-Monitoring mit Transponder

Wurde der Energieverbrauch bisher vor und nach der Fahrt manuell gemessen, kommen heute Transponder zum Einsatz. Je nach Energietyp wird daran ein Durchfluss-, Gas- oder Joulesensor angeschlossen. Über Assisted-GPS wird laufend die Position erfasst. Ein Display zeigt dem Piloten während der Fahrt die wichtigsten Parameter an. Gleichzeitig werden alle Daten im JSON-Format mittels MQTT (Publish Subscribe Messaging Protocol) via Mobilfunknetz oder Wi-Fi in eine IIoT-Plattform in der Cloud geschrieben und von da an jeden gewünschten Ort geliefert. Dem technischen Team steht immer ein lokaler Webserver zur Verfügung, der die Zustandsdaten aller Software-Dienste, die im Linux-Betriebssystem als „Daemons“ implementiert sind, auf dem Tablet sichtbar macht. Dazu gehören: Sensor-Services, Digital- und Analog-IO, Batterieüberwachung, GPS-Service, Mobile-Service(3G/4G)-Sensordaten und Wakeup-Service.

 


Paddock, Parc Fermé, Kommando-Zentrale

Der Ablauf eines Rennens erfolgt nach einem fixen Schema. Meistens befinden sich die Fahrzeuge mit den Teams in den sogenannten Paddocks (Stallungen). Hier werden sie getuned, repariert und auf das nächste Rennen vorbereitet. Das technische Team bringt jeweils die Transponder vorbei und erklärt den Studenten den Einbau ins Fahrzeug und wie die Sensoren und Antennen zu montieren sind. Anschließend schalten die Teams die Transponder ein, diese werden auf der LabVIEW-Überwachungsplattform sichtbar und ein Techniker macht die Verifikation. Die Testergebnisse werden in einem für alle zugänglichen Google-Sheet festgehalten. Kurz vor dem Rennen werden die Fahrzeuge in den „Parc Fermé“ verschoben. Hier erfolgen die letzten Funktionstests der Transponder über das lokale Wi-Fi. Dann geht es auf die Strecke, wo die Daten nur über Mobilfunk zugänglich sind. Ab diesem Zeitpunkt überwacht das technische Team jedes einzelne Fahrzeug über IoT und hält die Rennstrategie und den Treibstoffverbrauch fest. Die Daten werden anschließend mit LabVIEW verarbeitet, mit DIAdem ausgewertet und nach dem Rennen an die Teams übergeben. Dies hilft ihnen, an ihrer Technologie und Strategie zu feilen.

 

Konfiguration und Überwachung mit LabVIEW

Zur Einstellung und Überwachung der Transponder entwickelte Schmid Elektronik mit LabVIEW eine Reihe von Tools (Bild 5). Dazu gehören Diagnose-, Konfigurations- und Auswerte-Tools, wie ein GPS-Locator. Damit ließen sich jeweils die übers ganze Gelände verteilten Fahrzeuge finden. Die Tools kommunizieren über das lokale Wi-Fi via TCP/IP-Sockets über ein definiertes API mit den einzelnen Sensordiensten (Linux-Daemons) auf dem Transponder. Das wurde über instanzierbare VIs realisiert. Pro Servicetyp gibt es ein VI, welches das Lesen und Interpretieren der Daten sowie das Verschicken von Befehlen und Konfigurationen übernimmt. Die VIs lassen sich dynamisch laden, was das Handling von mehreren Diensten auf mehreren Geräten gleichzeitig auf einfache Weise ermöglicht. In einem typischen Setup werden so 30 Geräte mit je acht Services, also insgesamt 240 Ports, bedient. Ein einzelnes „Super-VI“ behandelt autonom eine Verbindung pro Instanz. Verbindungen werden aufgebaut und wenn nötig getrennt, ohne dass dies von der übergeordneten Applikation gesteuert werden müsste. Der Verbindungszustand mit allfälligen Timeouts wird bei jedem Aufruf geprüft. Die Aufrufe sind dabei nicht blockierend ausgeführt (Bild 6).

 

Phase 2: mit Null-Energie über die Ziellinie!

Im Vergleich zur Phase 1, dem Marathon, ging es bei diesem neuen SEM-Element zu wie bei der Formel-1: Derjenige Fahrer, der als erstes die Ziellinie überfährt, gewinnt. Im Halbfinale traten insgesamt 24 Teams in Achtergruppen in je einer Energiekategorie gegeneinander an. Die jeweils zwei Besten jeder Kategorie erhielten einen Startplatz im Finale. Während des Rennens wurden dem Publikum dank der eingebauten Transponder die Fahrzeugposition, der noch vorhandene Treibstoff sowie die Rangliste live auf einer Kinoleinwand präsentiert. Der Clou: Jedem Fahrzeug wurde dabei eine bestimmte Menge an Energie zugeteilt. Sobald diese verbraucht war, stoppte ein Relais das Fahrzeug. Die Fahrstrategie bestand also darin, einerseits so schnell wie möglich zu fahren, aber gleichzeitig die noch verfügbare Energie im Auge zu behalten. Im besten Fall fährt der Pilot mit dem allerletzten Tropfen und maximaler Geschwindigkeit über die Ziellinie. Das ist der Universität Pendidikan aus Indonesien mit ihrem Elektromobil nach einem sensationellen und spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen und mitfieberndem Publikum geglückt.

 

Informationen zum Autor:

Marco Schmid
Schmid Elektronik AG, Electronic Design Specialty Partner von NI
Münchwilen 9542
Switzerland
Tel: +41 (0)71 969 35 90
Fax: +41 (0)71 969 35 98
marco.schmid@schmid-elektronik.ch

Bild 1: Zwei Fahrzeugklassen und mehrere Energiekategorien traten in London am Shell-Eco-Marathon gegeneinander an. Zur Urban-Concept- Klasse gehörte etwa das singalesische Fahrzeug aus dem 3D-Druck (rechts), links ein Fahrzeug der Prototypenklasse der TU München.
Bild 2: Information gelangt drahtlos und live vom Tablett via Wi-Fi zum fahrzeugseitigen Sensor und via Mobilfunk über IoT in die Cloud.
Bild 3: Das technische Team konfiguriert und überwacht die Transponder (blaue Box, rechts) in den Fahrzeugen mittels Webservice (links).
Bild 4: Mit LabVIEW mehrere Fahrzeuge in Schach halten und drahtlos über TCP/IP jeden einzelnen Linux-Sensordienst scannen. Im Beispiel oben werden von 30 Fahrzeugen die Batteriezustände und die GPS-Position überwacht.
Bild 5: Verschiedene LabVIEW-Tools, von der Diagnose, Konfiguration, Datenverarbeitung und Analyse, sind im Einsatz. Links die Analyse der geloggten GPS-Daten, rechts die in DIAdem zusammengeführten Messwerte, korreliert mit dem Energieverbrauch
Bild 6: Das Leaderboard (links) zeigt während des Rennens die Rangliste und die jeweils noch zur Verfügung stehende Energie. Auf der Karte (rechts) ist die Position der Fahrzeuge auf der Rennstecke sichtbar.