Rekonfigurierbarer HIL-Simulator für fahrzeugdynamikbasierte Steuergeräteentwicklung und -tests mit NI VeriStand und NI TestStand

„Der zweite Teil des Simulators basiert auf einem NI-PXI-Real-Time-System, das modulare I/O bietet. Wir können das System mit PXI- und CompactRIO-Modulen von NI wie CAN, FlexRay sowie digitalen und analogen I/O erweitern.“

– Dr. Dénes Fodor – Pannonische Universität, Fakultät für Ingenieurwesen, Institut für Maschinenbau

Die Aufgabe:

Entwicklung einer Hardware-in-the-Loop-Simulationsumgebung (HIL) zur Beschleunigung der Softwareentwicklung und von Funktionsprüfungen für Motorsteuergeräte (ECUs) in Automobilen.

Die Lösung:

Mit PXI-Express-Hardware und NI TestStand sowie der Software NI VeriStand wurde ein System zur dynamischen Echtzeitmodellierung von Fahrzeugen entwickelt, dessen Instrumentierung verschiedene Kommunikationsprotokollschnittstellen für die Automobilindustrie und ein rekonfigurierbar Multifunktions-I/O-Modul (RIO) von NI für die einfache Anpassung der ECU umfasst. NI TestStand wurde zur Automatisierung des Prozesses verwendet, während NI VeriStand zur Ausführung der Echtzeit-Testapplikation verwendet wurde.

Autor(en):

Dr. Dénes Fodor – Pannonische Universität, Fakultät für Ingenieurwesen, Institut für Maschinenbau
Krisztián Enisz – Pannonische Universität, Fakultät für Ingenieurwissenschaften, Institut für Maschinenbau, Abteilung für Fahrzeugsystemtechnik

 

Aufgrund zunehmender Sicherheits- und Umweltherausforderungen werden ECUs in modernen Fahrzeugen immer komplexer1,2. Kosteneffiziente ECU-Tests sind in der Automobilindustrie wichtig. Wir müssen neue Algorithmen und ECUs entwickeln, um die stetig steigenden Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Das Testen neuer Methoden mit einem echten Fahrzeug auf einer Teststrecke ist entscheidend, doch zugleich sehr kostspielig und zeitintensiv.

 

Für die Proof-of-Concept-Entwicklung benötigten wir eine Test- und Simulationsumgebung, um neue Algorithmen für verschiedene Fahrzeuge und ECUs zu erstellen und zu validieren. Wir wollten eine leicht rekonfigurierbare Software- und Hardware-ECU-HIL-Testumgebung mit relativ kurzer Schulungszeit für neue Benutzer erstellen. Wir haben Systemfunktionen eingeführt, indem wir Hard- und Software für ein ABS-Steuergerät integriert haben.

 

Architektur der Simulationsumgebung

Der Simulator ist modular (siehe Abbildungen 1 und 2), so dass er leicht rekonfigurierbar ist. Die erste Komponente ist ein Standard-Hochleistungs-PC mit Windows 7. Wir können ihn als eigenständiges System verwenden, um neue Algorithmen ohne Fahrzeug-ECUs zu testen. Der Systemkern ist die fahrzeugdynamikbasierte Simulationssoftware Tesis veDYNA 3.10.4. Diese Software basiert auf der Simulink®-Software von MathWorks, Inc. und der MATLAB®-Software von MathWorks, Inc. Wir können die neuen Algorithmen in Simulink implementieren, um neue Manöver zu erstellen und unterschiedliche Fahrzeugmodelle und Umgebungsmerkmale, wie z. B. Straßenbeläge, zu parametrieren.

Als Schnittstelle zur Echtzeit-Hardware haben wir die Software NI VeriStand verwendet. Sie arbeitet mit den veDYNA-Modellen und verbindet Modell- und Hardwaregeräte-I/O. Eine der wichtigsten Funktionen von NI VeriStand ist das Modifizieren und Überschreiben von Signalen. Es kann die Signale modifizieren, um sie mithilfe einfacher mathematischer Algorithmen oder komplexerer NI-LabVIEW-Softwaremodelle für Modell- oder Geräteeingänge aufzubereiten. Mit NI TestStand und NI VeriStand konnten wir neue Fahrmanöver erstellen, verschiedene Fahrzeugmodelle parametrieren und Umgebungsmerkmale simulieren, um reale Testsequenzen an realen ABS-Steuergeräten auszuführen.

 

Der zweite Teil des Simulators basiert auf einem NI-PXI-Real-Time-System, das modulare I/O bietet. Wir können das System mit PXI- und CompactRIO-Modulen von NI wie CAN, FlexRay sowie digitalen und analogen I/O erweitern. Das PXI-System arbeitet mit externen Schnittstellen wie Vector MOST und TTech FlexRay, die wir mit einem Standard-PC verwenden können.

 

Die dritte Komponente, ein Elektromotor-Emulator, der Elektrofahrzeuge nachahmt, kann ECU-Tests für die Steuerung von Elektromotoren durchführen.

 

ECU-Integration

Nachdem wir das Simulationssystem erstellt hatten, war der nächste wichtige Schritt die ECU-Integration (siehe Abbildung 3).

Wir haben die ECU um einfache kleine elektrische Schaltungen erweitert, um die Radgeschwindigkeitssensoren, Ventile und den Motor zu emulieren. Die ECU steuert den Motor und die Ventile; das Real-Time-System misst nur die Zustände von Bauelementen. Der Simulator steuert die Radgeschwindigkeitssensoren und den digitalen Ausgang und schaltet die Spannung entsprechend der Radgeschwindigkeit ein oder aus, um die richtigen Frequenzimpulse für das ABS zu erzeugen. Wir modifizierten das veDYNA-Simulink-Modell-Bremssystem, um die eingehenden Ventilzustände zu verarbeiten und den Bremsdruck an den Rädern unabhängig von der Ventilposition (siehe Abbildung 4) für jedes Rad zu verändern.

 

Der Hauptalgorithmus für die Druckänderungsgleichung lautet

 

dabei gilt:

            n = der aktuelle Simulationsschritt

            p(n) = der modifizierte Bremsdruck für das Rad

            ptarget(n) = der Zielbremsdruck

            pdiff(n) = Differenz zwischen Strom und Zielbremsdruck

            t(n) = der aktuelle Zeitpunkt der Modifikationsperiode

             = die Zeitkonstante

 

Der in MATLAB und Simulink implementierte Algorithmus umfasst sechs Unteralgorithmen3. Neben der Bearbeitung des veDYNA-Modells haben wir auch ein neues NI VeriStand-Projekt erstellt. Das kompilierte veDYNA-Modell ist mit NI VeriStand kompatibel, so dass die I/O-Signale durch Umwandlung der Radgeschwindigkeitssignale mit der PXI-I/O verbunden werden können. Wir haben die Benutzeroberfläche von NI VeriStand so gestaltet, dass wir damit Simulationsparameter überwachen und ändern konnten (siehe Abbildung 5).

 

Fazit

Wir haben NI PXI, NI VeriStand und NI TestStand verwendet, um einen Echtzeit-Fahrzeugsimulator mit integrierter HIL-Simulation zur einfachen Validierung neuer theoretischer Forschungsergebnisse zu erstellen. NI TestStand als einsatzbereite Testmanagementsoftware hat uns dabei geholfen, die Entwicklungszeit zu verkürzen, da dieses Framework bereits Komponenten wie Sequenzausführung oder Protokollerstellung enthält. Da die Verwendung von Echtzeit-Betriebssystemen eine Voraussetzung war, bietet NI VeriStand eine hohe Zuverlässigkeit und Leistung, da es für die Konfiguration von Echtzeit-Testanwendungen auf NI-Echtzeit-Hardware ausgelegt ist.

Das ABS-ECU-basierte Testsystem entsprach unseren Erwartungen (siehe Abbildungen 6 und 7). Wir benötigen weitere Entwicklungen, um die Simulation zu verfeinern. Wir müssen auch das Druckmodell unter Berücksichtigung der ABS-Motorzustände verbessern.

 

Danksagung

Wir danken für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit durch Ungarn und die Europäische Union im Rahmen des Projekts TAMOP-4.2.1/B-09/1/KONV-2010-0003 und die intensive technische Unterstützung durch Continental Teves Veszprem und NI Budapest.

 

Quellen

1 Rieth, Dr. P. E., S. A. Drumm und M. Harnishfeger, Elektronisches Stabilitätsprogramm: Die Bremse, die lenkt, Verlag Moderne Industrie, 2002, S. 16–26.

2 Gustafsson, F., Automotive Safety Systems: Replacing Costly Sensors with Software Algorithms, 2009, IEEE Signal Processing Magazine, Band 26, Ausgabe 4, Juli 2009.

3 Fodor, D., K. Enisz und P. Toth, Vehicle-Dynamics-Based Real ABS ECU Testing on a Real-Time HIL Simulator, Hungarian Journal of Industrial Chemistry, Januar 2012.

MATLAB® und Simulink® sind eingetragene Marken von MathWorks, Inc.

 

Informationen zum Autor:

Dr. Dénes Fodor
Pannonische Universität, Fakultät für Ingenieurwesen, Institut für Maschinenbau
Egyetem u. 10.
Veszprém 8200
Hungary
fodor@almos.uni-pannon.hu

Abbildung 1: Anatomie der HIL-Simulationsumgebung
Abbildung 2: Physikalisches Erscheinungsbild der Simulationsumgebung
Abbildung 3: Integration der ABS-ECU-Hardware
Abbildung 4: Integration der ABS-ECU-Software in Tesis veDYNA
Abbildung 6: Geschwindigkeiten (Fahrzeuggeschwindigkeit in km/h, Radgeschwindigkeiten in km/h) und Bremsdrücke (Pa) ohne ABS-ECU (Notbremsung bei 115 km/h)
Abbildung 7: Geschwindigkeiten (Fahrzeuggeschwindigkeit in km/h, Radgeschwindigkeiten in km/h) und Bremsdrücke (Pa) mit ABS-ECU (Notbremsung bei 115 km/h)
Abbildung 5: Benutzerschnittstellenseite Geschwindigkeiten und Druck