Generatorprüfstand mit gekoppelter Generatoremulation zur Verwendung an einem Bordnetzprüfstand

"Mit der NI-XNET-Plattform bietet National Instruments die Möglichkeit, CAN-, LIN- und FlexRay-Bussysteme außerhalb von VeriStand in einer Datenbank zu verwalten und diese anschließend in die Simulationskonfiguration einzubinden, sodass die Bussignale in VeriStand wie Modell-Ein- und -Ausgänge zur Verfügung stehen."

- M. Sc. Michael Winter, Technische Universität München Fachgebiet Energiewandlungstechnik

Die Aufgabe:

Die stetige Zunahme elektronischer Komponenten zur Realisierung innovativer Komfort- und Assistenzfunktionen in modernen Kraftfahrzeugen bringt auch neue Anforderungen an die Auslegung der elektrischen Energieversorgung sowie an das Energiemanagement mit sich.

Die Lösung:

Diese Arbeit beschreibt die Portierung eines auf LabVIEW-basierenden Generatorprüfstands auf VeriStand und die Erweiterung um eine Generatoremulation. So kann ohne hardwaretechnische Änderungen flexibel zwischen der realen und der emulierten Komponente gewechselt werden. Die alten, USB-basierten Schnittstellenerweiterungen für die LIN- und CAN-Busse wurden durch echtzeitfähige PXI-Systeme ersetzt.

Autor(en):

M. Sc. Michael Winter - Technische Universität München Fachgebiet Energiewandlungstechnik
B. Sc. Anton Renner - Technische Universität München, Fachgebiet Energiewandlungstechnik
M. Sc. Julian Taube - Technische Universität München, Fachgebiet Energiewandlungstechnik
Prof. Dr.-Ing. Hans-Georg Herzog - Technische Universität München, Fachgebiet Energiewandlungstechnik

Diese Kundenlösung wurde im Tagungsband 2016 des Technologie- und Anwenderkongresses „Virtuelle Instrumente in der Praxis“ veröffentlicht.

Eingesetzte Produkte: LabVIEW, VeriStand, echtzeitfähiges PXI-System, LIN- und CAN-Busse

 

Kurzfassung

Zur Validierung von Energiemanagementsystemen für die elektrische Energieversorgung in modernen Kraftfahrzeugen wird am Fachgebiet Energiewandlungstechnik der Technischen Universität München ein Bordnetzprüfstand verwendet. Die Ansteuerung des gesamten Prüfstands wurde auf VeriStand umgestellt, damit die Möglichkeit der physikalischen Echtzeitsimulation und damit der Emulation genutzt werden kann. Diese Arbeit beschreibt die Portierung eines auf LabVIEW basierenden Generatorprüfstands auf VeriStand und die Erweiterung um eine Generatoremulation. So kann ohne hardwaretechnische Änderungen flexibel zwischen der realen und der emulierten Komponente gewechselt werden.

 

Einleitung

Die stetige Zunahme elektronischer Komponenten zur Realisierung innovativer Komfort- und Assistenzfunktionen in modernen Kraftfahrzeugen bringt auch neue Anforderungen an die Auslegung der elektrischen Energieversorgung sowie an das Energiemanagement mit sich. Zum Entwurf neuer, auf kybernetischen Prinzipien basierender Energiemanagementsysteme wird am Fachgebiet Energiewandlungstechnik eine Modelica-basierte Bordnetzsimulation verwendet. In dieser wird das Energiemanagement zusammen mit dem Modell eines Bordnetzes simuliert. Das Gesamtmodell besteht aus physikalischen Modellen für den Kabelbaum inkl. der Sicherungen, den Batterien, dem Generator und allen elektrischen Verbrauchern im 14-V-Bordnetz. Die Simulation erlaubt das schnelle Entwickeln und Testen neuer Managementstrategien. Des Weiteren kann die Simulation mit einem Optimierungsalgorithmus gekoppelt werden, sodass sich die Parameter des Energiemanagements optimal hinsichtlich diverser Kriterien, wie etwa Stabilität und Energieeffizienz, einstellen lassen.

 

 

Zur Validierung der simulativ erarbeiteten Ergebnisse wird ein Bordnetzprüfstand verwendet (siehe Bild 1). Dieser besteht aus der Karosserie eines BMW 7er inkl. Kabelbaum. Damit Flexibilität hinsichtlich der Komponentenkonfiguration gewährleistet ist, werden keine echten Steuergeräte und Aktoren verbaut. Stattdessen werden die elektrischen Verbraucher emuliert, d. h. die Lastströme werden berechnet und elektronischen Lasten als Sollwerte vorgegeben. Die Berechnung der Ströme erfolgt mittels der physikalischen Modelle aus der Bordnetzsimulation. Diese können mit VeriStand in Echtzeit berechnet werden. Bei den Batterien kommen sowohl echte Batterien als auch ein Batterieemulator zum Einsatz. Dieser ist nach demselben Prinzip aufgebaut, nutzt aber eine elektronische Quelle-Senke als Aktor.

 

Diese Arbeit beschreibt, wie der Kfz-Generator am Bordnetzprüfstand abgebildet wird. Aufgrund des hohen Einflusses des Generators auf das gesamte Bordnetz soll zwischen dem Einsatz der realen Komponente und der Emulation gewählt werden können, wie es auch bei den Batterien der Fall ist. Dazu soll der in beschriebene Generatorprüfstand mit einer Generatoremulation gekoppelt werden.

 

Aufbau

Der Generatorprüfstand besteht aus einem 230-A-LIN-Generator, welcher über einen Riementrieb mit einer umrichtergespeisten 13-kW-Asynchronmaschine mit variabler Drehzahl betrieben werden kann. Die Kommunikation mit der Leistungselektronik des Antriebs erfolgt über einen CAN-Bus. Über das LIN-Interface des Generators lassen sich aktuelle Werte auslesen sowie die Sollspannung vorgeben. Die Ansteuerung erfolgte bisher über einen normalen PC, der über zwei USB-Erweiterungen mit einer CAN- und einer LIN-Schnittstelle ausgerüstet wurde. Die gesamte Ansteuerung des Prüfstands erfolgte über LabVIEW, auch für die USB-Erweiterungen waren LabVIEW-Treiber verfügbar. Im Zuge des Umbaus und der Umstellung auf VeriStand wurde die Ansteuerung des Systems auf ein PXI-System verlagert, welches die CAN- und die LIN-Schnittstelle über die Erweiterungskarten PXI-8513 und PXI-8516 implementiert. Die einzelnen Nachrichten zur Kommunikation mit dem Umrichter der Antriebsmaschine sowie dem Generator sind mithilfe des NI-XNET-Datenbank-Editors organisiert. Mit der NI-XNET-Plattform bietet National Instruments die Möglichkeit, CAN-, LIN- und FlexRay-Bussysteme außerhalb von VeriStand in einer Datenbank zu verwalten und diese anschließend in die Simulationskonfiguration einzubinden, sodass die Bussignale in VeriStand wie Modellein- und -ausgänge zur Verfügung stehen. Zudem ist das System mit einer PXI-6229-Erweiterungskarte ausgerüstet, welche die benötigten Analogein- und -ausgänge zur Messung und Ansteuerung bereitstellt.
Zur Erweiterung des Generatorprüfstands mit der Generatoremulation wird das PXI-System über Analogkanäle mit einem 300-A-Netzgerät verbunden. Im Emulationsbetrieb werden das physikalische Modell eines Kfz-Generators in Echtzeit berechnet und die Sollwerte für Strom und Spannung dem Netzgerät vorgegeben. Damit verhält sich das Netzgerät an seinen Klemmen genauso wie das Simulationsmodell. Über zwei Hochleistungsschütze ist es möglich, entweder den Kfz-Generator oder das Netzgerät niederohmig an den Bordnetzprüfstand anzubinden. Somit kann ohne aufwendige Umbaumaßnahmen zwischen realer Komponente und modellbasierter Emulation gewählt werden. Bild 2 zeigt den gesamten Aufbau.

 

 

Messungen

In diesem Abschnitt werden exemplarische Messergebnisse für jede Betriebsart des kombinierten Prüfstands im selben Szenario vorgestellt. Das Szenario beschreibt einen Spannungseinbruch an den Klemmen des Generators/Emulators in Folge eines Stromsprungs im Bordnetz. Dem Spannungsregler des Kfz-Generators wurde in diesem Szenario ein Sollwert von 14,4 V vorgegeben. Bei absinkender Klemmenspannung wird der Generator seinen Strom mit der maximalen Dynamik erhöhen, bis seine eigene Klemmenspannung wieder der vorgegebenen Sollspannung entspricht. Der daraus resultierende charakteristische Stromverlauf ist geprägt von der hohen Zeitkonstante im Erregerkreis des Kfz-Generators.
Bild 3 zeigt die Strom- und Spannungsverläufe für das beschriebene Szenario. Auf der linken Seite ist die Messung mit dem echten Generator abgebildet. Der elektrische Antrieb hatte in diesem Szenario eine Drehzahl von 2.000 U/min, woraus sich aus der Übersetzung des Riementriebs von 2,79 eine Drehzahl von 5.580 U/min ergibt. Die rechte Seite zeigt die Messung im Emulationsbetrieb. Zur Emulation wurde ein in Modelica beschriebenes, physikalisches Modell eines Kfz-Generators verwendet. Das Modell basiert auf dem einphasigen Ersatzschaltbild einer fremderregten Synchronmaschine sowie einer Implementierung des Zweipunktreglers im Erregerkreis des Generators.


Beide Messungen zeigen qualitativ den gleichen Verlauf. Zu Beginn der Messung liefert der Generator einen konstanten Strom, welcher dem Laststrom des Bordnetzes entspricht, d. h., die Batterie ist stromlos. Zum Zeitpunkt 0,13 s wird der Laststrom des Bordnetzes von 50 A auf 150 A erhöht. Da der Generator seinen Strom nicht schlagartig erhöhen kann, wird der Differenzstrom von der Batterie gedeckt. Dies führt zu einem Absinken der Bordnetzspannung, woraufhin der Generator seinen Strom erhöht, bis die Sollspannung wieder erreicht ist.

 

Zusammenfassung

Diese Arbeit beschreibt die Portierung eines Prüfstands von LabVIEW nach VeriStand. Die alten, USB-basierten Schnittstellenerweiterungen für die LIN- und CAN-Busse wurden durch echtzeitfähige PXI-Systeme ersetzt. Zudem wurde der Prüfstand um die Möglichkeit der Generatoremulation erweitert. Dabei wird ein physikalisches Generatormodell in Echtzeit berechnet und das Rechenergebnis an ein entsprechendes leistungselektronisches Stellglied gegeben.

 

Informationen zum Autor:

M. Sc. Michael Winter
Technische Universität München Fachgebiet Energiewandlungstechnik
80333 München
Germany
Tel: +49 (0)89 289-23456
michael.winter@tum.de

Bild 1: Bordnetzprüfstand am Fachgebiet Energiewandlungstechnik der Technischen Universität München
Bild 4: Spannungs- und Stromverläufe des Generators (oben) und des Emulators (unten) während eines Lastsprungs im Bordnetz
Bild 2: Schema (unten)
Bild 3: realer Aufbau (oben)